Der Zölibat ist nicht katholisch

In der Rubik Anfra­ge in der aktu­el­len Kir­chen­zei­tung des Medi­en­ver­bunds Bis­tums­pres­se (16.02.2020) frag­te ein Leser nach den Stel­len des Neu­en Tes­ta­ments, auf die der Zöli­bat Bezug nimmt.

Der Mit­ar­bei­ter der Bis­tums­pres­se, Chris­toph Buysch (den ich als Autor übri­gens sehr schät­ze), schrieb in sei­ner Ant­wort unter ande­rem zum Zölibat:

Als Pflicht für Pries­ter kennt es aller­dings nur die katho­li­sche Kirche

Aber das ist falsch! 

Der Zöli­bat, wie wir ihn ken­nen, gilt nur für die latei­ni­sche oder West­kir­che. Das ist zwar die mit Abstand größ­te Teil­kir­che der römisch-katho­li­schen Kir­che, aber nicht die ein­zi­ge. Sie besteht aber aus wei­te­ren 23 Kir­chen (ost­kirch­li­cher Tra­di­ti­on), die eben­falls unter dem Pri­mat des Paps­tes stehen:

Alba­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Arme­nisch-katho­li­sche Kir­che
Äthio­pisch-katho­li­sche Kir­che
Bul­ga­ri­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Byzan­ti­ni­sche Kir­che von Kroa­ti­en, Ser­bi­en und Mon­te­ne­gro
Chaldä­isch-katho­li­sche Kir­che
Eri­tre­isch-katho­li­sche Kir­che
Grie­chi­sche Grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Ita­lo-alba­ni­sche Kir­che
Kop­tisch-katho­li­sche Kir­che
Maro­ni­ti­sche Kir­che
Maze­do­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Mel­ki­ti­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Rumä­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Rus­si­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Ruthe­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Slo­wa­ki­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Syrisch-katho­li­sche Kir­che
Syro-mala­ba­ri­sche Kir­che
Syro-Mal­an­ka­ra Katho­li­sche Kir­che
Ukrai­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Unga­ri­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che
Weiß­rus­si­sche grie­chisch-katho­li­sche Kirche

In die­sen Kir­chen kön­nen bis auf weni­ge Aus­nah­men auch ver­hei­ra­te­te Män­ner zu Pries­tern geweiht wer­den! Der Zöli­bat, über den zur Zeit so hef­tig dis­ku­tiert wird, ist also kein Merk­mal der römisch-katho­li­schen Kir­che, son­dern nur der latei­ni­schen Kirche.

Noch etwas: Es stimmt, dass Pau­lus den Wunsch hat­te, „alle Men­schen wären unver­hei­ra­tet wie ich“ (des­sen Erfül­lung für den Fort­be­stand der Mensch­heit tra­gisch gewe­sen wäre); nicht erwähnt hat der Autor aber die Anwei­sung des Paulus:

Ein Bischof aber soll unta­de­lig sein, Mann einer ein­zi­gen Frau, nüch­tern, beson­nen, wür­dig, gast­frei, geschickt im Lehren.

1Tim 3,2

Erwäh­nens­wert in der Ant­wort der Kir­chen­zei­tung wäre auch gewe­sen, dass die Ehe­lo­sig­keit, obwohl sie „eine von Beginn an christ­lich geschätz­te Hal­tung war“ (wie Buysch schreibt), erst 1022 von Papst Bene­dikt VIII. ver­pflich­tend wurde. 

In Deutsch­land wag­ten aller­dings nur weni­ge Bischö­fe, die römi­schen Dekre­te zu ver­kün­den. Der Bischof von Pas­sau wäre vom Kle­rus bei­na­he gelyncht wor­den und wur­de schließ­lich ver­trie­ben. Geist­li­che des nie­de­ren Kle­rus waren beson­ders auf­ge­bracht und pro­tes­tier­ten zu Tau­sen­den gegen die neu­en Gesetze.

https://de.wikipedia.org/wiki/Z%C3%B6libat#Mittelalter

Was in der Urkir­che viel­leicht noch eine „christ­lich geschätz­te Hal­tung“ war, wur­de im Hoch­mit­tel­al­ter offen­sicht­lich nicht mehr so sehr geschätzt. Es dau­er­te noch mehr als hun­dert Jah­re, bis das Zwei­te Later­an­kon­zil (1139) den Zöli­bat wirk­sam durch­set­zen konnte.

Ein Gedanke zu „Der Zölibat ist nicht katholisch

  1. Claus Stephan Merl Antworten

    Soviel ich weiß, ist der Pflicht­zö­li­bat nur Kir­chen­ge­setz und nicht Dog­ma. Er könn­te also geän­dert wer­den. Ich den­ke auch, dass er biblisch nicht zu recht­fer­ti­gen ist.

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